Kinder entdecken die Welt mit allen Sinnen – durch Fühlen, Riechen, Sehen, Hören und Schmecken. Das merken wir gerade bei Kleinkindern und Babys immer wieder, wenn sie alles genau betrachten und in den Mund stecken. Schon vom ersten Lebenstag an sind Sinneserfahrungen ein zentraler Bestandteil ihrer Entwicklung. Als Förderschullehrerin ist Handlungsorientierung und das Einbeziehen aller Sinne ein wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit - denn darüber Erschließen sich Kinder die Welt. Eine besonders spielerische und wirkungsvolle Möglichkeit, diese Erfahrungen gezielt zu fördern, ist das sogenannte Sensory Play, also das sensorische Spiel.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenspiel der Sinne
- Warum ist sensorisches Spielen so wichtig?
- Für welches Alter eignet sich Sensory Play?
- Ideen für zu Hause: So geht Sensory Play im Alltag
- Was gibt’s zu Beachten?
- Persönliches Fazit
- Räuberfuchs Empfehlungen
Zusammenspiel der Sinne
Sensory Play bezeichnet alle Spiel- und Lernaktivitäten, die gezielt die Sinne ansprechen. Dabei geht es nicht nur um die klassischen fünf Sinne, sondern auch um den Gleichgewichtssinn (vestibulär) und den Sinn der Tiefensensibilität (Propriozeption), also die Fähigkeit, die eigene Körperposition und -bewegung im Raum wahrzunehmen, ohne dabei den Körper zu sehen.
Beim Sensory Play dürfen Kinder matschen, tasten, lauschen, riechen oder mit unterschiedlichen Materialien experimentieren. Typische Beispiele sind das Spielen mit Knete, Wasser, Sand, Reis oder auch das Erforschen von Geräuschen und Düften. Aber auch Schaukeln fördert die Sinne. Bei allem steht nicht das Ergebnis im Vordergrund, sondern das sinnliche Erleben selbst – das Spüren, Staunen und Ausprobieren. Und ganz nebenbei ist das Zusammenspiel der Sinne die Grundlage für viele später wichtige Dinge.
Warum ist sensorisches Spielen so wichtig?
Sensory Play ist weit mehr als nur „Spaß“ – es fördert die Entwicklung von Kindern auf vielfältige Weise:
Wahrnehmung und Kognition: 🧠👀
Durch das Verarbeiten von Sinneseindrücken verknüpft das Gehirn neue Informationen miteinander. Das stärkt die Wahrnehmungs-, Denk- und Merkfähigkeit.
Sprachentwicklung: 🗣️📚
Mit Kindern über das zu sprechen, was sie fühlen und sehen, erweitert ganz nebenbei ihren Wortschatz. Welche Farbe hat das Material? Wie fühlt es sich an? Ist es weich? Rau? Glatt? Glibberig? Bröselig? Kalt? Da öffnen sich ganz neue Wortfelder.
Motorik: ✋🎨
Viele sensorische Spiele fördern die Hand-Auge-Koordination sowie Fein- und Grobmotorik – etwa beim Kneten, Gießen oder Sortieren und sind damit auch Förderung für Stifthaltung und Kraftdosierung, aber auch für die Sitzhaltung.
Soziale und emotionale Entwicklung: 🤝💖
Kinder lernen, mit Reizen umzugehen, sich zu regulieren und sich selbst besser wahrzunehmen. Die vom Material ausgehenden Sinneseindrücke stimulieren auf vielfältige Weise. Häufig trägt Sensory Play zur Beruhigung bei, es erdet die Kinder regelrecht. Und oft bewirken tolle Sensorikwannen auf wundersame Weise ein friedliches Zusammenspiel auch verschieden alter Geschwister – aber hier geben wir keine Garantie 😉
Für welches Alter eignet sich Sensory Play?
Sensorisches Spiel ist von Anfang an sinnvoll. Bereits Babys profitieren davon, wenn sie verschiedene Stoffe ertasten, anfangs schwarz-weiß Kontraste und später bunte Farben sehen oder Musik hören. Kleinkinder und Vorschulkinder befinden sich in einer Phase von sehr intensiver Sinnesverarbeitung – hier ist Sensory Play besonders effektiv. Aber auch ältere Kinder – insbesondere solche mit sensorischen Verarbeitungsstörungen, Behinderungen und oft besonders auch Neurodivergenz – können von gezieltem Sensory Play sehr profitieren und finden häufig Gefallen daran.
Ideen für zu Hause: So geht Sensory Play im Alltag
Das Beste an Sensory Play? Viele Anregungen lassen sich ganz einfach mit Alltagsmaterialien umsetzen. Hier ein paar Beispiele:
- Knete (gekauft oder selbst gemacht) zum Drücken, Rollen, Ausstechen
- Wasserspiele und Schüttübungen sprechen vielfältige Sinne an. Spaß ist garantiert mit Wasser, Schüsseln, Kännchen, Becher, Kellen, Trichtern oder Schwämmen oder Stapelsteinen ( auch zum Mieten! )
- Sensorikflaschen mit Glitzer, Öl, Wasser und bunten Perlen zum Schütteln und Beobachten - bringt schon Babys zum Staunen.
- Reis, Mais, Kichererbsen oder Linsen zum Umfüllen, Sortieren und Spüren, mit Fingern, Löffeln, Zangen, Behältern… – gern auch gefärbt, zum Beispiel in Regenbogenfarben, laden sie zum Fühlen und gemeinsam mit Material von Grimms, Grapat oder Stapelsteinen zum Sortieren ein. Färben kann man zum Beispiel mit Lebensmittelfarben oder je nach Material auch mit Fingerfarben oder Acrylfarben.
- Kinetischer Sand /Zaubersand - wunderschön anzufassen. Fest und dann wieder fließend.
- Rasierschaum auf einem Tablett zum Verteilen und Malen mit den Fingern bietet tolle Reize. Glitzer dazu- wow!
- Naturmaterialien wie Steine, Blätter, Zapfen zum Ertasten und Sammeln, Mandalas legen, riechen. Natur pur.
- Oobleck - bringt Physik ins Kinderzimmer, denn es ist eine nicht-newtonische Flüssigkeit, die bei Druck fest wird. Super faszinierend und hält lange beschäftigt. Einfach nur zwei Teile Speisestärke und ein Teil Wasser.
- Schleim (Chiasamen, Wasser, Speisestärke und ggf. Lebensmittelfarbe) - unterschiedlich verwendbar. Wie wäre es mit grün-blauem Monsterschleim? Oder einer Dino-Welt?
- Knetsand (Knete aus 400g Mehl, 400g Wasser, 200g Salz und 6 TL Öl ergänzt um 350g Sand oder besser Vogelsand) - tolle Textur!
- Glibber (Agar-Agar mit Wasser und Lebensmittelfarbe, wahlweise auch mit Glitzer)- mega Erlebnis für Kinder. Kann zerschnitten oder mit Förmchen ausgestochen werden.
- Tiere in Eis einfrieren (Luftballon, Schleichtier rein, mit Wasser auffüllen, einfrieren und dann die Tiere mit Werkzeugen im Sandkasten wieder befreien). Was für ein Spaß!
- Salz mit Kreidepulver - feine Textur (Kreide reiben/mahlen und Salz damit einfärben)
- Wolkenknete aus Conditioner und Speisestärke - weich, dehnbar, bunt gefärbt noch schöner.
- Tapiocaperlen als Ersatz für Wasserperlen - sehr schleimig, aber toll.
- Auch Bewegungsspiele und Schaukeln zählen zum sensorischen Spiel dazu: auf einem Bein hüpfen, balancieren, sich drehen – all das stimuliert die vestibuläre und propriozeptive Wahrnehmung.

Was gibt’s beim Sensory Play zu Beachten?
Allgemein sind der Vielfalt keine Grenzen gesetzt, was Materialien angeht. Auch verschiedene Stoffe und Alltagsgegenstände können fördernde Sinneswannen werden. Durchs Benutzen verschiedener Lebensmittelfarben beim Einfärben der (Lebens-) Mittel entstehen ganz verschiedene Spielwelten. Nehme ich zB Sand und färbe einen Teil mit Backkakao dunkel ein, kann ich es in eine große Schale oder auf ein Tablett geben und Baustellenfahrzeuge und Zubehör dazu und habe die perfekte Baustelle. Färbe ich einen Teil mit Lebensmittelfarbe grün, habe ich eine Wiese. Nutze ich Agar-Agar mit blauer Lebensmittelfarbe, habe ich schnell ein Meer, zum Beispiel mit Meerestieren und Muscheln drin, die hervorgeholt werden können. Auch in Kombination mit Materialien des Freien Spiels sind Sensorikwannen unschlagbar.
Natürlich bleibt es Aufgabe der Erwachsenen, das Kind im Auge zu behalten und nur geeignete Dinge anzubieten. Sensory Play mit Wasserperlen kann eine ganz tolle Erfahrung sein - heruntergeschluckt (wenn sie trocknen, werden sie irre klebrig) können sie super gefährlich sein. Also achtet gut darauf, was ihr eurem Kind jeweils gut zutrauen könnt und wählt ggf. ungefährliche Alternativen aus. Und wenn ihr euch jetzt fragt: „Und was ist mit dem Dreck?!“ - hinterher gemeinsam wegmachen, viele Kinder helfen da gerne mit. Oder von vornherein die Umgebung so vorbereiten, dass es einfacher geht. Ein großes Laken drunter, was einfach ausgeschüttelt werden kann, anstatt Knete im Hochflorteppich - eigentlich logisch. Die Begeisterung der Kinder und wie lange sie damit beschäftigt sind, lohnt den Aufwand des Aufräumens.
Persönliches Fazit zum sensorischen Spiel:
Sensory Play ist eine wunderbare Möglichkeit, dein Kind spielerisch in seiner Entwicklung zu fördern – ganz ohne Druck, ohne Lernziele und oft mit Dingen, die du ohnehin zu Hause hast. Wenn Kinder mit allen Sinnen spielen dürfen, lernen sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Welt besser kennen. Gib deinem Kind die Zeit, zu entdecken – der Rest kommt von ganz allein. Manche Kinder mögen sensorisches Spiel aber einfach gar nicht oder nur Dinge, die sich so und so anfühlen und andere nicht. Das ist ok! Sensory Play sollte immer ein freiwilliges Angebot und niemals ein Zwang sein, auch wenn wir unser Kind dadurch so gerne fördern würden.
Meine Tochter und meine Schüler*innen lieben Sensory Play Angebote sehr und man kann ihnen damit immer eine große Freude machen.
Geeignete Sensory Play Produkte im Räuberfuchs:
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